VW Phaeton D1 3.0 TDI Individual 2007 – Piëchs Griff nach den Sternen

15.05.2025 von Jens Tanz

Vor über 20 Jahren wurde viel orakelt und prognostiziert. Kann ein Oberklasse-Volkswagen voller Elektronik und Technik überhaupt jemals ein Youngtimer werden? Ja, er kann. Zwischen 2001 und 2016 entstand in der Gläsernen Manufaktur in Dresden ein Auto, was teurer war als ein Einfamilienhaus und heute für Genießer und Sammler hochinteressant ist.

Eine schwarze VW Phaeton D1 3.0 TDI Individual 2007 parkt unter einem klaren blauen Himmel mit einer hellen Sonne in der Ecke. Im Hintergrund steigt Rauch aus hohen Industrieschornsteinen auf.
Schwarzer Volkswagen Phaeton Individual mit braunen Ledersitzen parkt auf einem sonnenbeschienen Parkplatz

Der Sohn des Sonnengottes

Vor über 100 Jahren war ein „Phaeton“ noch eine herrschaftliche Pferdekutsche – im neuen Jahrtausend sollte die neue, eigenständige Oberklasse unter VW Chef Piëch ähnlich herrschaftlich werden! Der Produktionsbeginn am 11. Dezember 2001 war deshalb ein großer Tag für die Volkswagen Sachsen GmbH und ein Hoffnungsträger für die Region. Die über 5 Meter lange Stufenhecklimousine trug den Namen des Sohnes von Sonnengott Helios und strahlt allein damit eine gewisse Erhabenheit ab. Mit permanentem Allradantrieb 4Motion und dem adaptiven Luftfahrwerk Airmotion startete der VW Phaeton weitestgehend handgefertigt in 15 Jahre Produktion und vier Facelifts. 

Ferdinand Piëch, Enkel von Ferdinand Porsche, war von 1993 bis 2002 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und danach bis 2015 Aufsichtsratsvorsitzender. In diesem Zeitraum übernahm die AG Lamborghini und Bugatti, kaufte ein Rolls Royce Werk (und vergaß die Namensrechte), trennte Bentley da raus und ließ auch Audi erst mit dem V8, später mit dem A8 in das Oberklassesegment einziehen. Alles, was Piëch anfasste, schien sich wie bei König Midas in Gold zu verwandeln. Da lag es nahe, ebenfalls eine Oberklasse zu entwickeln, die besser als alle anderen ist. Weil man es konnte. Das! Auto. VW wollte der Konkurrenz zeigen, dass auch eine Limousine von Volkswagen metaphorisch nach den Sternen greifen kann. 

Der VW Phaeton ist technische Perfektion

Der Perfektionismus Piëchs ging so weit, dass die neue, unaufgeregte Linie des VW Phaeton die damals höchste je erreichte Torsionssteifigkeit einer PKW Karosserie hatte. Die Vier-Zonen-Klimaanlage musste zugfrei sein. Und der neue Wagen sollte bei einer Geschwindigkeit von 186 km/h eine Innentemperatur von +22°C halten, auch wenn die Außentemperatur +55°C beträgt. Was in den Lastenheften der Ingenieure stand, war fast nicht zu schaffen. Aber eben nur fast. Aus der 1999 auf der IAA präsentierten Volkswagenstudie Concept D wurde später eher der Porsche Panamera, Volkswagen setzte auf die klassische Stufenhecklimousine. Dass diese die Kundschaft stark an den Passat erinnerte, war einer der Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg.

Nahaufnahme des Motorraums eines Fahrzeugs mit Schwerpunkt auf einem V6-TDI-Motor. Der Bereich scheint gut gepflegt zu sein, mit sichtbaren Komponenten, Schläuchen und Abdeckungen.

Die Motoren des VW Phaeton

Die „kleinen“ V6 Benziner mit Vorderradantrieb wurden nur bis 2008 angeboten und spielen auf dem Deutschen Markt heute fast keine Rolle. Die bekannten und auch in der Presse diskutierten Triebwerke waren und sind

  • der ab 2004 angebotene 3.0 V6 TDI
  • der ab 2003 erhältliche 4.2 V8
  • der ab 2004 erhältliche 5.0 V10 TDI und 
  • die Topmotorisierung 6.0 W12.

Der aus anderen Modellen bekannte, robuste und bewährte Common-Rail Diesel sowie der fast schon klassische V8 waren die „vernünftigeren“ Triebwerke in dem Über-Auto. Sowohl der V10 TDI als auch der W12 waren selbst im Oberklassesegment einigermaßen unfassbare Maschinen. Der V10 Diesel konnte bei beherztem Vollgas mit seinem Drehmoment von 750NM die ZF Automatik pulverisieren, der W12 den Zündkerzenwechsel zur Tagesaufgabe machten. Aber solch Hadern überließen die damaligen Neuwagenkäufer anderen Schichten. Die Neupreise des VW Phaeton lagen zwischen 70.000 und 110.000 Euro, gehobene Ausstattungen gingen bis 130.000 Euro. Da war die Wartung das kleinste Problem.

Fehlendes Image plus hoher Wertverlust

Viel gewichtiger war die Konkurrenz im eigenen Haus, der Audi A8. Außerdem wollte die solvente Kundschaft gern zeigen, dass sie Oberklasse fuhr. Das VW Logo war da für die meisten nicht zielführend. Im Konzern wurde reichlich nachgelegt, vier „Große Produktpflegen“ im März 2007, im November 2008, im April 2010 und ab 2014 hielten das Fahrzeug immer auf dem neuesten Stand der Technik und Multimedia. Der VW Phaeton blieb aber in jedem seiner produzierten Jahre hinter den Topmodellen Audi A8, BMW 7er und Mercedes S-Klasse zurück. Obwohl Volkswagen zu jedem verkauften Fahrzeug rund 28.000 Euro draufgezahlt hat, war nach 84.235 Fahrzeugen im Jahr 2016 Schluss. 

Wer einmal nachrechnet kommt bei einem voll ausgestatteten VW Phaeton auf einen Wertverlust von rund 50 Cent pro Minute in den ersten Jahren nach dem Neukauf. Das überkonstruierte Flaggschiff des Konzerns wurde noch einige Jahre durch Werksrückkäufe künstlich teuer gehalten, heute findet man gepflegte und gut gewartete Exemplare im fünfstelligen Bereich. Dank der individuellen Einzelfertigung und der nahezu unbegrenzten Individualisierung bekommt jeder mit ein wenig Geduld, was er oder sie sich wünscht. Soll es ein Individual mit dezent gefärbtem Leder und abgesetzten Kedern sein? Eine Vollausstattung mit elektrischem Heckrollo, Keyless Entry, Soft Close Türen und sowohl beheizten als auch klimatisierten Massagesitzen – auch hinten? Das gehört bei fast jedem VW Phaeton zum Standardrepertoire. 

Nahaufnahme des Schalthebels eines VW Phaeton aus schwarzem Leder auf einer polierten Konsole in Holzoptik, mit einem V6-Emblem und detaillierten Bedientasten.

Klassische Baustellen des VW Phaeton Individual

Die vier Türen, der Kofferraumdeckel und die Motorhaube sind aus Aluminium und korrodieren nach zwei Jahrzehnten an den Kanten, was aber nur optisch stört. Nimmt man die Kotflügel aus Kunststoff und die inneren Radkästen ab, finden sich manchmal angerostete Servoleitungen, die nachgefertigt werden müssen. Bestenfalls, bevor sie undicht werden. Wer die Abläufe des Schiebedachs oder die im Wasserkasten unter dem Scheibenwischergestänge nicht hin und wieder reinigt, beklagt irgendwann einen Wasserschaden im Fußraum, wo unter anderem die Steuergeräte für die Schließanlage und die Motorsteuerung sitzen. Der Rest ist Geschichte.

Der 3.0 TDI gilt zwar als robust - Motorlager und Drallklappen sind nach 250.000 Kilometern aber mal dran, das kennen andere auch. Das Luftfahrwerk kostet in der Wartung nicht wesentlich mehr als die Fahrwerke bei den Oberklassen der Konkurrenz, sein Ausfall sieht nur spektakulärer aus. Ein Phaeton mit einem defekten Federbein liegt auf dem Boden und kann nicht mehr bewegt werden. Manchmal knickt der Kabelbaum der Heckklappe, irgendwann werden die Streuscheiben der Scheinwerfer blind, regelmäßig kapitulieren die vorderen Querlenker vor dem Gewicht von über 2 Tonnen. Das sind alles Standardreparaturen, die man mit anderen großen Reiselimousinen vergleichen kann. Immerhin fahren wir hier sowas wie einen Bentley. Oder einen Touareg. Oder einen Panamera. Alle diese Modelle haben die gleiche Plattform.

 Luxuriöses Interieur mit hellbraunen Ledersitzen, einem Volkswagen Phaeton Individual Lenkrad und einem holzgetäfelten Armaturenbrett mit Touchscreen und Analoguhr.

Unfassbar komfortabel

Ein VW Phaeton ist die in diesem Preissegment vielleicht angenehmste Art der Fortbewegung. Ab 120km/h senkt sich der Wagen wie eine Katze ab. Selbst bei 160km/h fährt das allradgetriebene Fahrzeug schnurgeradeaus, die doppelten Scheiben halten alle Geräusche draußen (leider auch Handysignale und die der Satelliten für modernere, portable Navigationssysteme), der Sitz wärmt und massiert leicht den unteren Rücken und das dänische Dynaudio Soundsystem umschwärmt die Passagiere mit sattem Sound aus 12 Lautsprechern. Im Cockpit der ersten Serien ist alles noch haptisch, mit echten Knöpfen, die meisten von ihnen tragen einen kleinen Chromrahmen. Um die mittige analoge Zeituhr schwenken die hölzernen Lüftungsklappen geräuschlos auf, wenn es das Innenraumklima erfordert. Allein das ist ein Schauspiel, an dem man sich niemals satt sieht.

Diese glänzende Medaille hat natürlich auch eine Kehrseite. Trotz damaliger Topqualität gibt es eine knapp dreistellige Zahl an Steuergeräten, die über den CAN Bus kommunizieren. Schleichen sich hier Defekte ein, ist Suchen und Auslesen angesagt. Für jemanden, der nicht wenigstens ein bisschen selbst schrauben kann, ist selbst ein gepflegter VW Phaeton eine unberechenbare Was-Passiert-Dann-Maschine. Ein Werkstattaufenthalt kann da sehr schnell teuer werden. Lässt man sich aber mit etwas Geduld bei der Ersatzteilsuche auf diese einzigartige Oberklasse als Zweitwagen ein, fährt man eins der beeindruckendsten Fahrzeuge dieses Jahrtausends. Auch heute, fast 10 Jahre nach dem Ende der Produktion in Dresden, sind sich Kritiker und Fans gleichermaßen darüber einig, dass es etwas Vergleichbares wohl nie wieder geben wird.

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Technische Fahrzeugdaten VW Phaeton D1 3.0 TDI Individual

Motor: Sechszylinder V (CARA), Turbolader
Hubraum:2.967 ccm
Leistung: 233 PS bei 4.000 U/min 
Max. Drehmoment:450 Nm bei 1.500 U/min
Länge/Breite/Höhe: 5.055 x 1.903 x 1.450
Leergewicht:2.190 kg
Vmax234 km/h
Normverbrauch8,9 l Diesel
Baujahr: 2003-2016
Rückansicht eines grauen Volkswagen Phaeton V6 TDI an einem sonnigen Tag, mit roten Rückleuchten und einem deutschen Nummernschild, geparkt auf Asphalt.

VW Phaeton D1 3.0 TDI Individual Bilder

  • Nahaufnahme des Hecks eines schwarzen Autos mit roten Rückleuchten und einer verchromten V6TDI-Plakette, die das Sonnenlicht reflektiert. Das Bild vermittelt einen eleganten und modernen Eindruck.

    Volkswagen läutete das LED Zeitalter ein

    Und auch wenn der TDI nicht so oberklassig ist wie der V8 oder der W12 – bei knapp 8 Litern Diesel auf moderat gefahrenen 100 Kilometern wird die Limousine zum Meilenkönig!

  •  Nahaufnahme einer Autotürschwelle mit der Gravur „Individual“ auf einem Metallschild. Braune Ledersitze und ein dunkler Teppich sorgen für ein luxuriöses Gefühl.

    Darf’s ein bisschen mehr sein?

    Die „Individual“ Ausstattungslinien bieten farbiges Leder mit abgesetzten Kedern und Massagefunktion, DynAudio Soundsystem und erweiterte Assistenzsysteme.

  •  Nahaufnahme eines Bedienfelds für die Autositzverstellung mit Tasten für die Einstellung der Positionen 1-3 und Hebeln für die Einstellung des Sitzwinkels. Mattes Schwarz mit strukturierter Oberfläche.

    Die beheizten / gekühlten vorderen Sitze

    Sie lassen sich in 17 verschiedene Richtungen verstellen und auf drei Memoryplätzen speichern, die den Schlüsseln zugeordnet werden können. Hier werden außerdem die Höhe der Sicherheitsgurte, die Position der Lordosenstütze und die Massagefunktion gesteuert.

  • Nahaufnahme eines Kofferraumscharniers und einer Gasdruckfeder, teilweise geöffnet. Das Sonnenlicht hebt die Metallteile hervor, im Hintergrund ist ein Parkplatz zu sehen.

    Kofferraumdeckel mit komplizierter Mechanik

    Der elektrisch zu öffnende, hydraulisch-mechanisch angebende Kofferraumdeckel hat die komplizierteste Mechanik seiner Klasse – aber irgendwie mit diesen wuchtigen Aluminiumscharnieren die Schönste!

Bilder: © Jens Tanz, Sandmanns Welt

Jens Tanz, ein Gastautor bei Hiscox, ist ein Man mit grauen Haaren und Sonnenbrille und er trägt ein dunkles Hemd und hat zerzaustes Haar.

Gastautor: Jens Tanz

ist Motorjournalist & Social Media Manager und lebt leidenschaftlich die Autos der 70er aus dem Straßenbild seiner Kindheit. Im Netz ist er als „Sandmann“ unterwegs und schraubt und schreibt sowohl über die eigenen Erlebnisse mit seinen Oldtimern als auch markenübergreifend über andere Oldtimer und ihre Menschen. Hier geht es zu Jens´ Blog: 

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